11. November 2009 20:00 Uhr
Literarisches Zentrum (Düstere Straße)
Nanjing Protokolle
Nachkriegsdeutschland 1951. Versuchte Gegenwart ohne Vergangenheit. Dennoch ist die »Wiederverwendung« einstiger NS-Beamter im öffentlichen Dienst beschlossen. Hier knüpft Nora Bossong mit ihrem zweiten Roman >Webers Protokoll< an (FVA). Diplomat Konrad Weber will seine Geschichte abstreifen. Doch sirupzäh haftet Vergangenes an ihm, verklebt seine Gedanken. Im vertrackten Erzählen entfaltet Bossong ein undurchsichtiges Psychogramm Webers. Zwielichtige Gestalten, verbunden durch ein Netz untergründiger Beziehungen, rekonstruieren Webers Werdegang. Immer schwingt Skepsis mit in diesem Roman, Skepsis gegenüber einer Deutungshoheit, gegenüber der einen Vergangenheit. – Als Florian Illies für Die Zeit junge Lyriker in Wort und Bild vorstellte, stand Bossong mit flammendem Haar im Brachland. Im September wird sie in der 8 Mio. Metropole Nanjing residieren und dort im Rahmen des Künstleraustauschprogramms »Artists in Residence« Studenten, Künstler und Wissenschaftler treffen. Die Sinologin und Germanistin Irmy Schweiger (Göttingen) spricht mit Bossong, die als Schülerin das hiesige Hainberg-Gymnasium besuchte, über ihren Roman und ihre China-Erfahrungen.